
Blog #26 „Unvergessen“
Es ist soweit, die letzten Minuten auf der Arbeit sind gezählt, und Punkt 15.30 Uhr geht’s mit dem bereits gepackten Auto schnell noch nach Hause zum umziehen. Es ist Freitag der 18.10.2024, und bis Sonntag soll es zu einem Angelplatz gehen, welchen wir zuletzt vor 3 Jahren aufgesucht haben. Um 16.30 Uhr zahle ich im Angelladen unsere Gebühren, und nehme noch eine Tüte Pellets zum Anfüttern mit. Nach einer kurzen aber holprigen Fahrt durch den Wald stehe ich auf unserem Platz, und betrachte das Wasser. Niemand sonst ist da, aber die Karpfen scheinen Bock zu haben, denn sie zeigen sich ständig durch Sprünge an der Oberfläche. Eine Stunde habe ich Zeit, um mein Equipment schon mal vorzubereiten, bis Marian und Christian endlich eintreffen. Die Freude ist riesig, und erst einmal betrachte ich Marians neuen VW-Transporter mit einem echt geilen einklappbaren Bett-Deluxe. Gegen 18.30 Uhr haben auch die Jungs alles vorbereitet, und das Boot wird zu Wasser gelassen. Da wir das Gewässer kennen sind die Stellen zum Ablegen schnell gefunden. Hinderlich an meiner linken Seite ist, dass ein neuer Baum im Wasser liegt, so dass ich meine Ruten nicht gestaffelt ans Ufer legen kann, sondern die zweite Rute muss mehr ins Freiwasser abgelegt werden. Dies erweist sich später noch als absoluter Glücksgriff.
Um 19.30 Uhr ist es vollbracht, und wir lassen uns auf den Stühlen nieder. Die Temperatur liegt bei guten 15 Grad, aber Regen setzt ein, so dass Christian seine Markise am Bus aufbaut. Unser Pizzalieferant hat wie immer um diese Jahreszeit Betriebsferien, aber einen anderen Pizzaservice habe ich bereits eine Woche zuvor ausfindig gemacht, der das etwas abgelegene Gewässer ebenfalls beliefert, allerdings sind wir wohl die Ersten die vom Weiher aus dort bestellt haben, denn der Fahrer braucht nach Ankunft im Waldgebiet ca. 20 Minuten Telefonsupport bis er den richtigen Weg zu uns findet, bzw. finden wir Ihn dann mit unseren Kopflampen, und lotsen Ihn zum Camp. Wahnsinn! Naja, für Ihn gibt es dennoch reichlich Trinkgeld, die Pizza ist noch warm und lecker, und Morgen wird er auch wieder arbeiten, und uns dann umso schneller finden. Gegen 22 Uhr geht’s mit Dauerregen in die Betten, aber die Temperatur ist so geil, dass man auf anstatt in den Schlafsäcken pennen kann. Gegen 1 Uhr geht’s für mich raus in den Regen, denn ein kleiner Spiegler hat angebissen. Die Jungs brauche ich dazu nicht, und hake ihn direkt am Ufer wieder ab. Boot ist mir jetzt zu stressig und zu nass, also werfe ich mit einem gezielten und perfekten Wurf meinen Platz neu an. Um 1.20 Uhr liege ich wieder auf meiner Liege, da höre ich Christian aus dem Bus springen, denn sein Bissanzeiger kreischt. Also wieder raus in den Regen, support leisten, aber wenig später kann Christian einen wunderbaren 10,5 kg Schuppi in Händen halten. Geil!
Nachdem sich alle wieder beruhigt und hingelegt haben schlägt mein Bissanzeiger gegen 3.30 Uhr wieder Alarm, diesmal aber die Rute im Freiwasser. Mein Kontrahent lässt sich zunächst leicht beiziehen, legt dann aber eine äußerst kräftige und ungewöhnliche Flucht hin. Ich bekomme Ihn nicht gestoppt, zack schwimmt er unter der anderen Rute durch, und auf meiner Spule dann plötzlich noch Kabelsalat. Alles scheiße, und das im Regen, aber nach kräftigem Pfeifen kommt mir Christian zu Hilfe. Den Kabelsalat bekomme ich gelöst, und den Fisch dann endlich bis zum Kescher beigedreht, und dann erscheint uns im Licht unserer Kopflampen tatsächlich ein gut über 1 Meter langer Stör! Und genau in dem Moment, als Christian den Kescher unter ihn schieben will, löst sich mein Haken, und wir können ihm nur noch hinter schauen, wie er im Dunkeln verschwindet. Ich hätte ausflippen können, denn bisher war uns nicht bekannt dass überhaupt ein Stör im Gewässer ist, und so oft bekommt man einen Stör ja auch nicht ans Band, jedenfalls hat keiner von uns in all seinen Anglerjahren bislang einen fangen können. Schicksal! Ich fahre meine Rute also im Regen wieder aus, und gehe aufgedreht und traurig zugleich wieder pennen.
Es ist Samstag Morgen, und der Regen hat endlich aufgehört. Heute soll es sogar etwas sonnig werden, und so bereiten wir unser Frühstück vor, als um 8 Uhr ein kleiner Schuppi bei Marian ans Band geht. Prima, das sind gute Aussichten für den Samstag, der noch vor uns liegt! Den Vormittag verbringen wir mit Köderwechseln, chillen und dummlabern, bis es um 12 Uhr an die Vorbereitungen zum Mittagessen geht. Nach einer deftigen Spaghetti Bolognese mit ausreichend Pilzen, Zwiebeln und Knoblauch, geht es zum Mittagsschläfchen über. Die Sonne scheint, aber Ruhe findet man nicht wirklich, denn ständig erfolgen Piepser und Fehlbisse. Um 15.45 Uhr ist es dann komplett mit der Mittagsruhe zu Ende, als Christian noch einen kleinen Schuppi landen kann. Auf den Stühlen sitzend und mit einem Bierchen in der Hand geschieht dann gegen 16.15 Uhr das Unvergessliche… Meine Rute im Freiwasser pfeift wieder ab, und nach der Kontaktaufnahme mit dem Fisch merke ich, das ist kein Kleiner, aber vom Gefühl her irgendwie ungewöhnlich. Nach einem kurzen, aber sehr anspruchsvollem Drill sehen wir es: Es ist tatsächlich wieder der Stör, den ich Nachts bereits verloren hatte! Um Ihn final landen zu können müssen die Jungs aber ins Boot, denn er legt zu viele kräftige Fluchten hin. Überglücklich bin ich als ich sehe, wie er in den Kescher gleitet, und die Jungs mit dem Boot an Land kommen. Die Abhakmatte ist nicht lang genug, aber dennoch findet er seinen Platz, und wir alle bestaunen diesen außergewöhnlich Fisch. Er wird gut versorgt, abgelichtet, und mit 10 kg gewogen. Dann setzen wir ihn wieder äußerst vorsichtig in sein Element zurück, und geben ihm ausreichend Zeit wieder los zu schwimmen. Er scheint es aber nicht eilig zu haben, und so beobachten wir ihn mehrere Minuten, wie er einfach am Ufer stehen bleibt. Ich ziehe mir die Klamotten aus und gehe ins Wasser. Ich hebe ihn etwas an der Schwanzflosse an, und dann schwimmt er endlich davon. Wahnsinn! Mein erster Stör, und dann gleich zweimal an einem Tag gebissen, das ist wie ein 6er im Lotto oder besser, und wir feiern das!
Abends besucht uns dann wieder unser Pizzalieferant, wobei er uns auf Anhieb aber wieder nicht findet, am Ende aber schneller als am Abend zuvor. Die Pizza mundet, und um 21.30 Uhr kann ich noch einen kleinen Spiegler verhaften, bevor wir uns dann um 22 Uhr ablegen. Heute ist es jedoch wesentlich kälter als die Nacht davor, also wird sich heute in den Schlafsack gekuschelt. Um 24 Uhr werde ich aus dem Schlaf gerissen, und kann einen weiteren kleinen Spiegler landen. Die Jungs bekommen davon nichts mit, aber ich brauche Schlaf, und entschließe mich die Rute nicht erneut auszubringen. Weichei! Morgens um 6.30 Uhr kann Marian noch einen kleinen Spiegler fangen, aber davon bekomme ich nichts mit, denn ich schlafe wie ein Baby. Um 9 Uhr stehen die Jungs an meinem Autofenster und machen mich wach, vermutlich hätte ich sonst noch bis 12 Uhr weitergepennt. Ein schneller Cappuccino für alle mit einem Rest Pizza, und dann wird abgebaut. Um 10.15 Uhr wird das Abschiedsfoto geschossen, und es geht für alle wieder nach Hause. Marian müssen wir aber noch etwas anschieben, da er mit seinem Heckantrieb nur schleppend von der Stelle kommt bei dem aufgeweichten Boden.
Für uns alle wird diese Session mit dem Stör unvergessen bleiben. Auch unvergessen bleibt, wie viele Bisse wir hatten, und wie viele Aussteiger und Verluste, aber wir werden den Platz vermutlich noch einmal im November aufsuchen, und damit wohl das Angeljahr 2024 abschließen. Hier werden wir dann aber die Heizer anschmeißen müssen, und die Wärmesohlen auspacken.
In diesem Sinne, geht raus, der Herbst ist bunt!




